Kölsche Fastelovend Eck

 

Redaktionsleitung Angela Stohwasser und Reiner Besgen

Wir sind umgezogen: 

Neue Redaktionsadresse 

Redaktion Kölsche-Fastelovend-Eck. Reiner Besgen,

Alfred-Delp-Str. 35, 53840 Troisdorf

Telefon 02241 9444031 E-Mail: Redaktion@Fototeam-Besgen.de

Wer wor he?
Werbeagentur Frankfurt
Wat es loss!
 

 

 

 

DIE LETZTEN AKTUELLEN NEWS

 

Sofortzugriff auf alle Artikel
Datenschutzerklärung
Die aktuelle Datenschutzerklärung 
finden sie im Impressum!  
Fotos
Wetter in Troisdorf
Wetter in Troisdorf
Lesezeit ca. 10 Minuten

Vom Wolkenseppl zum DiaClown

2009
 
Fototeam Besgen begleitet Willibert Pauels am 13. Februar 2009

Im Börsensaal der IHK ist die Stimmung schon heiß, Bernd Stelter hat die Lachmuskeln der Jecken des Handelsvertreterverbands mit seinem Vortrag schon vorbereitet. Jetzt wartet man auf die nächste Attraktion des Abends und die Veranstalter sind schon ungeduldig, als die Uhr 19:45 Uhr zeigt – Willibert Pauels, der „Bergische Jung“ ist der nächste Programmpunkt, soll um 19:55 auf der Bühne stehen und er ist noch nicht zu sehen.




Wie bei jeder Sitzung ist Pünktlichkeit für Veranstalter und Akteure sehr wichtig, denn die Termine sind mitunter knapp gesetzt und für den Verkehr und die Witterung kann niemand garantieren. Heute regnet es, was aber im Saal niemanden interessiert, denn hier sind Temperaturen wie im Süden. Dann kommt Willibert ins Foyer gelaufen – mit Schlapphut und Schal, hinter ihm einer seiner Fahrer, an diesem Abend ist es Jogi, der ihm dicht folgt und in einem silbernen Alukoffer das Wenige mitbringt, was der Bergische Jung für seinen Auftritt braucht: schwarze Brille, rote Nase und 2 Hüte. Die Zeit ist knapp, aber doch drängen sich noch ein paar Fans an seine Seite: „Können wir nachher ein Autogramm haben?“ „Das können Sie auch jetzt haben,“ lächelt er sie freundlich an, zückt Autogrammkarten und Stift und schreibt, was die Damen wünschen. Ein Ohr am Geschehen weiß er, dass er jetzt gleich dran ist, rückt noch mal die rote Nase zurecht und steht auch schon an der Tür. Wie bei jedem Auftritt geht ein begeistertes Raunen durch den Saal, wenn er angesagt wird. Es sind scheinbar einige auswärtige Gäste da und denen wird noch schnell zugeflüstert: „Der ist gut, jetzt musst du aufpassen!“ Schon steht er auf der Bühne und es geht los.



„Tochter Sion...“ der Schlager, den man meistens hört, wenn er auf die Bühne kommt, erklingt und er stellt erst einmal klar: Ja, er ist ein echter Diakon – und nein, der Kanalmeister (Kardinal Meissner) hat nichts dagegen, dass er im Karneval auftritt. Im späteren Gespräch erklärt er es uns noch einmal deutlich. Er liebt seinen Beruf als Diakon natürlich und auch die Taufen, Trauungen und Predigten, aber er ist eben auch begeisterter Komödiant. Das unter einen Hut zu bringen, ist zeitlich die meiste Zeit im Jahr gar nicht möglich und deshalb ist er als Diakon freigestellt, kann also dann tätig sein, wenn Zeit dafür ist und sonst seinem Beruf als Kabarettist und Komiker nachgehen. In der Karnevalszeit ist das natürlich nicht möglich, weil er einfach zu viele Auftritte absolvieren muss, aber im Laufe des Jahres, wenn es „nur“ um das Bühnenprogramm geht, kann er auch mal eine Taufe oder eine Hochzeit einplanen. Wie hat es denn angefangen? „Natürlich war ich schon als Kind der Pausenclown, so etwas liegt einem im Blut“, erklärt er uns und mit einem verschmitzten Lächeln erzählt er von seinem ersten Auftritt als kleiner Junge im Kindergarten. Er spielte die Hauptrolle im „Wolkenseppl“, wo er schon dadurch auffiel, dass er sehr gut und viel auswendig lernen konnte. „Wir mussten die Veranstaltung auch mal unterbrechen, weil der heilige Paulus abgehalten werden musste...“, erinnert er sich heute noch lachend an den Anfang seiner Karriere. Es ist eine Freude, ihm zuzuhören. Sein damaliger Kaplan, der heute als Monsignore im Altenberger Dom tätig ist, hat seine Liebe zur Bühne und zum Komödiantentum endgültig entflammt. Er ermunterte ihn, das Talent, das Gott ihm geschenkt hat, weiter auszubauen. Seit 1976 ist er dann im Pfarrkarneval in der Kajuja schon eine bekannte Größe gewesen. „Eigentlich“, überlegt er, „sind die meisten bekannten Büttenredner aus dem Pfarrkarneval entstanden“. Und das unterstreicht mal wieder seine Theorie, dass Kirche und Karneval sehr eng miteinander verbunden sind. Wie er es auch in seinem Bühnenprogramm immer wieder deutlich macht, sind Kirche und Karneval im Rheinland nicht trennbar. Eine geniale Idee während seines Vortrags, die beiden verschiedenen Kopf-bedeckungen: Sein bekannter Hut mit dem roten Band und ein schwarzes Birett werden abwechselnd aufgesetzt, je nach dem, was er gerade sagt. So zitiert er den Höhner-Song (Pauels: die bekannteste Geflügelgruppe Kölns) „Viva Colonia“ mit den Worten: Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust, wir glauben an den lieben Gott und haben auch immer Durst. Beim „lieben Gott“ wechselt er zum Birett und bei Durst hat er wieder das Hütchen auf dem Kopf. Dann schaut er scheinbar ratlos ins Publikum: „Lieber Gott und dann Durst? Liebe und Lust? Wie passt denn das zusammen?“ Doch er klärt es schnell und sinnig auf, dass die Religion durchaus zum „normalen Leben“ passen muss.
Den Börsensaal hat er begeistert, nun geht es weiter ins Maritim-Hotel. Er seufzt: „Da kann man sich so schlecht vor dem Auftritt zurückziehen, diesen Trubel vorher, den mag ich gar nicht so gern.“ Doch es findet sich dann doch eine Ecke, wo er für ein paar Minuten kurz in sich gehen kann. Wir fragen, ob er denn noch Lampenfieber hätte? Aber klar, hat er – und wie. Und wenn dem nicht so wäre, dann würde es Routine sein und das liegt ihm nun gar nicht.
Es ist noch Zeit bis zum Auftritt und wir ziehen uns mit ihm zu einer Tasse Kaffee zurück, wo er uns aus seinem Leben erzählt. Man kann es alles auf der Internetseite lesen, das ist klar, aber wenn Willibert Pauels erzählt, erweckt und erfüllt er jedes Wort zum Leben: Von seinem Leben, aus dem er so lebendig erzählt, dass man meint, man wäre dabei gewesen. Wie er bei Hans Meiser in der Talkshow zusammen mit Dieter Steudter im Publikum saß, befragt wurde und den Akteuren auf der Bühne die Show stahl, wie er einen Anruf aus Opladen bekam und gefragt wurde, ob er dort auftreten würde und was er als Gage nähme. Man hätte gehört, dass er sehr gut sei. Bescheiden forderte er 50 DM. „Nein,“ bekam er als Antwort „das geht nicht, das ist viel zu wenig, hier treten die Größen des Karnevals auf, für 50 DM meint man ja, das sei nichts – wir geben ihnen 150 DM.“ Seine Augen leuchten: „150 DM – das war viel Geld, ich dachte, ich habe mich verhört.“ Ja, so fing es an und er hat es nicht vergessen. Er hat nicht vergessen, woher er kommt. Große Sitzungen sind schon klasse, aber das Beste ist der Pfarr- und Milieukarneval. Das ist noch ursprünglich und da machen die Leute noch selber was. Bei seinen ca. 260 Auftritten in der Session sind auch kleinere Veranstaltungen dabei. Seine bescheidene freundliche Art ist nicht aufgesetzt. Willibert Pauels ist Willibert Pauels. Es gibt nicht den privaten Menschen und den bekannten Kabarettisten. Sein heutiger Fahrer bestätigt es uns: „Der spielt keine Rolle, er ist so wie er ist, und das immer.“ Die beiden strahlen Harmonie und Einigkeit aus. Erinnert Willibert ihn an etwas, kommt meistens zur Antwort: „Hab ich schon gemacht.“ Schön, dass er jemanden an seiner Seite hat, auf den er sich so verlassen kann, das braucht ein Künstler bei dem Trubel und der oft unübersichtli-chen Hektik des Karnevals.
Die längere Lücke am heutigen Tag bis zum nächsten Auftritt gefällt ihm nicht – es ist besser, wenn es immer weiter geht, sonst wird man müde. Aber für uns geht das Programm weiter – hinter der Bühne vom Maritim unterhält er uns am Buffett mit Anekdoten aus seiner Laufbahn. „Kennt ihr eigentlich den....? Mit dem hab ich mal folgendes erlebt....“. Wir dachten, wir hätten schon viel gelacht, als wir ihn auf der Bühne erlebten, aber hinter der Bühne war es mindestens genauso gut.
Im Theater am Tanzbrunnen wartet der Veranstalter schon ungeduldig und erkundigt sich per Telefon, ob er denn auch pünktlich eintreffen wird. Willibert kann ihn beruhigen, wir sind in wenigen Minuten da. Die gute Reaktion von Fahrer Jogi macht das auch dann noch möglich, als eine Geisterfahrerin uns auf unserer Spur entgegenkommt. Ein kleiner Schreck am späten Abend. Williberts Kommentar: „Das war der erste Geisterfahrer meines Lebens.“
Im Großen Theater am Tanzbrunnen gehen die Autogrammkarten langsam dem Ende zu. Jogi zieht noch ein paar Reserven aus der Tasche. „Die hab ich vorsichtshalber immer noch dabei“, zwinkert er uns zu. Die Wünsche der Fans werden geduldig und freundlich erfüllt. Und noch eine Autogrammkarte für unseren Kaplan? Eine für die Oma? Eine für Tante Käthe? Und noch eine für mich? Klar, sie bekommen alle eine mit der Widmung, die sie sich wünschen. Willibert schickt niemanden weg. Wie werden die Omas und Tanten sich freuen, wenn sie schon nicht dabei waren, aber eine Original-Unterschrift vom Bergischen Jung bekommen. Williberts Fangemeinde ist eben groß.





Unsere letzte gemeinsame Station ist der große Festsaal im Sartory. Genau vor dem Künstlereingang finden wir einen Parkplatz. Das freut die beiden sehr. Willibert hat sich schon in seinen Schal eingewickelt. Im letzten Saal war es sehr warm und er hat geschwitzt, aber da wir nun keinen weiten Weg haben, ist keine Gefahr, sich zu erkälten. Er muss ja noch ein paar Tage durchhalten, bevor es dann nach der anstrengenden Session in einen sechstägigen Urlaub in den Süden geht. Und dieser Urlaub ist nach 260 Veranstaltungen in 4 Monaten mehr als verdient. Willi-bert stürmt also die Treppe zur Künstlergarderobe hinauf – er kennt sich gut aus – und kann mit Musik von Brings, die noch auf der Bühne sind, ein paar Minuten Luft holen. Im Saal draußen ist trotz später Stunde höchste Stimmung angesagt, die von Brings noch angeheizt wird. Willibert ist skeptisch. So späte Auftritte sind immer schwierig, weil die Sitzungen schon mehrere Stunden andauern und je später es wird, umso weniger Konzentration auf einen Büttenredner ist zu erwarten. Draußen kocht der Saal und hinter der Bühne sackt ne bergische Jung langsam in sich zusammen. Doch es gibt ja auch noch Menschen, die mitdenken. Plötzlich ein ruhiges Stück, Willibert strahlt. „Das find ich jetzt gut, dass sie das machen, da kommen die Leute jetzt wieder etwas zur Ruhe.“ Er wippt im Takt mit und lächelt endlich wieder.
Da hat jemand mitgedacht, prima! Als die Jungs von der Bühne kommen, bedankt er sich bei ihnen. „Danke, dass ihr das gemacht habt, sonst hätte ich es jetzt schwer gehabt.“ „Ist doch klar, Willibert, das haben wir gerne gemacht.“ Dann packen Brings ihre Instrumente zusammen und frei ist die Bühne für den Clown.
Begeistert wird er empfangen, wie in den anderen Sälen fällt es auf, dass schon beim Betreten des Saales beim überwiegenden Publikum ein gewisser Respekt sichtbar wird. Sie stehen auf – nicht, weil man das so macht im Karneval, sondern weil sie ihm zeigen wollen, was sie ihm schon vor dem Auftritt entgegenbringen. Auch nach den Vorträgen haben wir es öfter beobachtet, dass spontan reihenweise aufgestanden wird, wenn er seinen Vortrag mit dem bekannten Satz: „Im Lachen sind die Menschen leicht wie Engel. Im Garten des Lebens ist Humor der beste Dung. Das sagt euch ne bergische Jung“, beendet, dann ist erst mal für 1-2 Atemzüge Stille bevor der Applaus losbricht.
Passt das denn immer, diese Mischung aus Witzen und ernsten Elementen, wollen wir von ihm wissen. Oder ist das auch mal gar nicht angekommen? „Nein,“ antwortet er uns, „bis jetzt hat mein Publikum das immer verstanden. Ich mach das ja auch, um eine Botschaft rüber zu bringen und nach dem Lachen sind sie dann auch bereit, mal für einen Augenblick über den Hintergrund nachzudenken.“ Dass es so ist, konnten wir an diesem Abend mehrmals erleben. Die ihn kennen, erwarten schon, dass nach einigen Minuten Lachmuskeltraining auch mal wieder ein Satz zum Nachdenken kommt. So ist der Bergische Jung eben, so wird es erwartet und so soll es sein. Viele Künstler leben davon, dass sie spontane Einwürfe ins Publikum bringen und sich fast mit den Zuschauern unterhalten. „Ich bin eben ein Büttenredner, so wie es früher war und das mach ich dann eben auch.“ Er hat es nicht nötig, sich zu verstellen, dann wäre er nicht so authentisch und unverwechselbar. Man fühlt sich in seiner Nähe einfach wohl und kann nach diesem Erlebnis nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen. Sie gehen noch ein paar Tage im Kopf herum, die vielen Eindrücke, die man mitnimmt, wenn man ein paar Stunden mit ihm verbracht hat. Einmal, weil er als Mensch etwas ganz Besonderes ist, zum anderen, weil die Reaktionen der Menschen auf ihn so vielfältig und doch so einheitlich sind.
Ohne Clowns wie ihn wäre die Welt des Karnevals ärmer. Schön, dass dich gibt, Willibert!

Reiner Besgen

Vom Wolkenseppl zum DiaClown

Keine anonymen Kommentare möglich, bitte zuerst anmelden

Für den Inhalt der Kommentare sind die Verfasser verantwortlich.


Linkempfehlung

Diesen Artikel weiter empfehlen: